Kathmandu im Mai 2005
Ein Reisebericht
Am 29. April um 23 Uhr war es endlich soweit. Unsere Reise
sollte nach Kathmandu, Nepal gehen. Lange hatte ich mir schon diese Reise
gewünscht,- aber irgendwie wollte es nie so richtig klappen. Entweder das Geld
fehlte oder es war nicht der richtige Zeitpunkt. Immer wieder gab es
irgendwelche Hindernisse und ich sah oder verabschiedete immer nur Freunde von
mir, die fleißig von Asien nach Deutschland und wieder zurückflogen.
Aber diesmal stand ich jetzt selber am Flughafen Frankfurt
und war wirklich recht aufgeregt, was mich denn so in den nächsten drei Wochen
erwarten würde.
Entschieden hatten wir uns für die Fluglinie Gulf Air, die
uns auch einen interessanten Flug mit gutem Service bot. Ein kurzer
Zwischenstop wurde in Abu Dhabi gemacht, wo wir dann in ein anderes Flugzeug
umstiegen, um dann sicher nach Kathmandu weiterzufliegen.
Am darauffolgenden Tag erreichten wir dann mit leichter
Verspätung am Nachmittag unser Reiseziel,- das Tal von Kathmandu.
Geduldig wartete man schon auf uns am Flughafen um uns
abzuholen und uns dann zu unserem Wohnplatz, dem Shechen Guesthouse zu bringen.
Die Straßen von Kathmandu,- in einem schönen alten weißen
Mercedes Benz fuhren wir auf den Holperstraßen mit vielen Schlaglöchern zum
Guesthouse. Ich wußte gar nicht vorher das es solche Straßen überhaupt
gibt.
Trotz alle dem,- ein sehr interessanter lebendiger
Straßenverkehr, der in Kathmandu herrscht. Hier sind alle bekannten
Straßenregeln die man aus dem geregelten Westen kennt, fast völlig aufgehoben.
Mutig fahren hier die Autofahrer mit wenigen Centimetern aneinander vorbei, so
dass man jedes Mal denkt, kennt man das nicht als Außenstehender, es gibt
gleich einen Zusammenstoß. Es wird viel gehupt,- ja wahrscheinlich ist das
Hupen überhaupt die gegenseitige Verständigung der Fahrer. Und das geregelte
Fahren auf den verschiedenen Spuren existiert hier überhaupt nicht.
Sicher kamen wir dann doch im Guesthouse an, wo wir uns
dann von unserer langen Reise erst mal etwas erholen mussten.
Das Shechen Guesthouse gehört eigentlich zum Shechen
Monastery, das Kloster von Dilgo Kyentse. Es liegt in Boudhanath und man kann
von hier aus ganz leicht in wenigen Minuten zu Fuss zur großen Boudha Stupa
gehen.
Direkt am nächsten Tag nahmen wir uns den Besuch zur
großen Stupa vor.
Es wird gesagt, dass sie „heilbringend“ ist und es gibt
eine wunderschöne alte Geschichte zu diesem spirituellen Bau.
Drei Brüder, die zusammen als Viehhüter arbeiteten, hatten
die Idee eine Stupa zu bauen. Die drei bauten also die Stupa und als sie fertig
war, knieten sie davor und jeder der drei machte einen starken Wunsch.
Einer der Brüder wünschte sich, dass er einmal ein reicher
und mächtiger König werden würde. Der zweite der Brüder wünschte sich in einem
weiteren Leben ein großer Gelehrter zu sein. Der dritte der drei machte den
Wunsch ein mächtiger Yogi zu werden, der fähig sein würde Dämonen und
Hindernisse für andere Lebewesen zu beseitigen.
Während die drei ihre Wünsche machten, stand ein Ochse in
ihrer Nähe, der ihre Wünsche mitkriegte. Dabei dachte er: „Ich habe viel mehr
als die gearbeitet und auch viel mehr geschuftet.“
Und so machte der Ochse dann den Wunsch: Möge ich
wiedergeboren werden und all diese Wünsche der drei Brüder zerstören.
Während er diesen Wunsch machte, saß am oberen Ende der
Stupa eine Krähe, die den Wunsch des Ochsen mitkriegte. Die Krähe machte dann
wiederum den Wunsch: Möge ich, bevor das alles passieren kann, ich ihn vorher
umbringen.
Und so kam es dann in der Zukunft. Einer der Brüder wurde
als der große tibetische König Trisong Detsen wiedergeboren. Er war ein starker
Förderer des Buddhismus. Der zweite Bruder hatte seine Wiedergeburt als der
Gelehrte Shantar Kshetha. Und der
dritte Bruder kam als der berühmte Yogi Padmasambhava zurück.
Der König Lang Darma war die Wiedergeburt vom Ochsen. Er
war Anhänger der alten Bön Religion und kein Freund des Buddhismus. Sein
Interesse war es den Buddhismus zu zerstören und alle Buddhisten zu verfolgen.
Er machte eines Tages eine Proklamation vor einer riesigen Schar von Tibetern.
Lhalung Paldor (die Wiedergeburt der Krähe), war ein
buddhistischer Yogi und kam extra deswegen von Lodak auf seinem weißen Pferd
geritten. Bevor er ankam, schwärzte er sich und sein Pferd mit Ruß völlig
schwarz ein. Während der Proklamation schoß Lhalung Paldor mit Pfeil und Bogen
auf den König.
Nach dem Attentat floh er ganz schnell auf seinem Pferd
und ritt an den Tsangpo Fluß, um sich und sein Pferd wieder weiß zu waschen.
So konnte er unbemerkt fliehen, weil alle nach einem
schwarzen Reiter suchten.
Er ritt zurück zu seiner Eremitage und bat die Tauben und
Spinnen um ihre Hilfe. So entstand um seine Höhle herum innerhalb kürzester
Zeit viel Staub, so dass seine Fußabdrücke nicht mehr sichtbar waren, und die
Spinnen webten ein Netz vor seinem Höhleneingang.
Als die Polizei ihn dann kurz darauf aufsuchte, bemerkte
sie den Staub und die Spinnennetze und war der Meinung, das er es wohl kaum
gewesen sein könne.
Trotzdem hielt der Polizist seine Hand an Lhalung Paldors
Brust und fühlte sein Herz ganz schnell schlagen.
Der Polizist wunderte sich und dachte, ein so schneller
Herzschlag passt ja nicht zu einem so lang sitzenden Yogi,- aber trotzdem nahm
er dann an, das Lhalung Paldor es nicht gewesen war. So die Geschichte.
Nach unserem Besuch bei der Boudha Stupa stiegen wir in
ein Taxi und fuhren quer durch die Stadt nach Swayambhunath, ein Stadtteil von Kathmandu, wo eine weitere größere Stupa
steht.
Es gibt viele Stupas in Kathmandu, aber die von Boudha und
von Swayambhunath hatten es uns am meisten angetan. Viele Stunden alleine
verbrachten wir vor allem an der Boudha Stupa während unseres Aufenthaltes, sie
war ja zum Glück auch nicht weit von unserem Wohnplatz entfernt.
Die Grundidee der Stupa ist das Denkmal. So ist die Stupa
auch viel älter als der Buddhismus. Es heißt, das als der Buddha geboren wurde,
sein Vater ein Denkmal baute, um dieses Ereignis zu würdigen.
Oftmals dienen die Stupas auch als Begräbnisstätten. Typisch
ist ihr glockenartigen Aufbau und sei es nun durch die vielen guten Gebete und
Meditationen, die ständig gemacht werden während man um die Stupa im
Uhrzeigersinn herumgeht, oder durch die vielen spirituell gesegneten
Substanzen, die in solch einer Stupa mit eingebaut werden,- sie haben immer
eine unheimlich gute Ausstrahlung.
Die Swayambhunath Stupa soll schon vor der Geburt des
Buddha existiert haben. Swayambhunath heißt auch „selbst entstanden“. Was in
dieser Stupa tatsächlich drin ist, das weiß keiner. Nur die erste bis dritte
Schicht ist durch Restaurationsarbeiten bekannt.
Viele wilde Affen gibt
es speziell auch an diesem Platz. Es ist interessant ihnen zu zusehen, da man
sie sonst als Europäer ja leider nur eingesperrt aus dem Zoo kennt. Ich war
jedenfalls ganz fasziniert von ihnen, und eines Tages, als es besonders heiß
war und ich einen Saft in der Hand hielt, sprang mich plötzlich ein größerer
Affe an und wollte mir den Saft aus der Hand reißen. Auf so etwas sollte man
dann doch vorbereitet sein. Ich war es jedenfalls nicht,- aber Gott sei Dank
ein Freund, der uns begleitete und dann wild mit seiner Tasche in Richtung des
Affen herumfuchtelte, so das er dann auch ganz schnell wieder Abstand von mir
nahm.
Die Manjushri Stupa
liegt ganz in der Nähe der großen Swayambhu Stupa und ist zu Fuss leicht zu
erreichen. Von hier hat man einen guten Blick über das gesamte
Kathmandu Tal.
Manjushri, der Bodhisattva der Weisheit,- auch dieser
Platz hatte für uns sein ganz besonderes spirituelles Flair. Und auch hierzu
gibt es eine Legende.
In alten Zeiten als das Kathmandu Tal noch von einem See
überdeckt war, schnitt der Bodhisattva Manjushri mit seinem Weisheitsschwert in
die dem Tal umgebenden Berge, um den See abfließen zu lassen. Dort wo heute die
Stupa steht, fand er damals einen Lotus.
Kathmandu in seiner Vielfältigkeit,- immer wieder gibt es
etwas neues hier zu entdecken. Die Menschen sind trotz ihrer Armut viel
lebendiger und auch der Blickkontakt ist sehr viel offener und direkter als bei
uns im Westen.
Ein buntes Treiben ist hier jeden Tag auf den Straßen zu
beobachten. Überall wenn man durch die Stadt geht trifft man immer wieder auf
Buddhastatuen. Praktizierende Buddhisten die die Stupas umrunden. Pilgerer die
von weit her kommen und ihre Niederwerfungen praktizieren. Hinduisten und
Buddhisten die trotz ihrer unterschiedlichen Religion eng friedlich
zusammenleben....
Sadhus ......
Die Stadt hat ihren ganz eigenen Spirit, ja man könnte
fast schon sagen ihre eigene Magie.
Eines Tages bildete sich neben der Boudha Stupa eine
Menschenschlange um einen Häuserblock herum, die immer größer wurde. Als wir
der Sache nachgingen, stellte sich heraus dass ein bekannter Rinpoche hier in
der Gompa seinen Segen gab. Niemand von den Wartenden konnte einem aber genau
sagen wer der Rinpoche sei. Auch wir stellten uns in die Schlange um in den
Genuss dieses Segens zu kommen und waren hinterher auch sehr froh darüber.
Später fanden wir heraus das es Khamtrul Rinpoche
war.
Viele Stunden verbrachten wir fast jeden Tag an der großen
Stupa. Am frühen Abend dann füllte es sich langsam um die Stupa mit immer mehr
Praktizierenden, die betend und meditierend um die Stupa wandern. So kam ich
eines Tages von der Boudha Stupa um zu unserem Guest House zu gehen, und siehe
da, als wenn es das normalste auf der Welt wäre kam auf meinem Weg plötzlich
ein weißes Pferd an mir vorbei. Es war wie
in einem wunderschönen Traum. Leider konnte ich es erst fotographieren, als es
schon fast
verschwunden war.
Und auch wundersame Dinge geschehen hier. So gibt es in
Pharping eine kleine grüne Tara die von selbst entstanden aus einem
Gebirgsstein herauswächst und ganz langsam immer größer wird.
Auch wir machten uns auf die Reise nach Pharping, was
ungefähr 100 km von Kathmandu entfernt liegt und in 1-2 Stunden mit einem Auto
gut zu erreichen ist.
Unser Ausflug führte uns auch zu zwei historischen Guru
Rinpoche Höhlen, wo er über einen längeren Zeitraum meditiert hatte.
Die Asura Höhle ist die größere von beiden und ist eine fast abgeschlossene Höhle.
Hier machte Guru Rinpoche seine Vajrakilaja Meditationszurückziehung.
Der Sanskrit Name von Guru Rinpoche “Padmasambhava“
bedeutet auch „der aus dem Lotus geborene“.
Padmasambhava war ein bedeutender buddhistischer Lehrer
aus Kaschmir und kam auf Einladung des Königs Trisong Detsen nach Tibet. Als
außergewöhnlicher Tantriker und durch seine vielen Wundertaten sammelten sich
bald viele Schüler um ihn, so auch Trisong Detsen selber und seine Frau Yeshe
Tsogyal.
Padmasambhava gilt als der Begründer der ersten
buddhistischen Schule Nyingma, (Schule der Alten) und gründete 775 das Samye
Kloster, das erste Kloster in Tibet. Der Buddhismus verbreitete sich in Tibet
immer mehr und andere Klöster entstanden.
Es ist unklar wie lange Padmasambhava in Tibet blieb. Er
selber schrieb die sogenannten "Schatz- Schriften", die als Termas an
geheimen Orten versteckt wurden, um sie so für spätere Zeiten zu sichern. Eines
davon ist sehr berühmt, es ist das Tibetische Totenbuch, das Bardo Thödol,
welches in mehrere Sprachen übersetzt wurde, so auch in deutscher Sprache.
Padmasambhava hatte 25 Hauptschüler, die in ihren späteren
Inkarnationen als Termafinder bezeichnet wurden. Einer seiner Schüler,
Vairocana, reiste ihm von Indien nach Tibet nach und übersetzte eine bis heute
wichtige Schrift für die tibetische Medizin, das Gyushi, die vier Tantras.
Auch das Gyushi mit samt Kommentar wurde geheim versteckt
und später im Samye Kloster wiederentdeckt.
Natürlich gehörte auch die alte Königsstadt
Patan zu unserem Besucherprogramm. Leider war dieser Tag von starkem
Regen begleitet. Trotzdem machten wir in einem weiten Bogen einen Rundgang
in diesem Stadtteil.
Der Gründer von Patan soll der buddhistische Kaiser Ashoka
(268-233 v. Chr.) gewesen sein. Die Einmaligkeit der Architektur und die
Schönheit des traditionellen Kunsthandwerks aus dieser Zeit kommen hier zum
Ausdruck.
Es wird gesagt dass die alte Königsstadt nach einem
buddhistischen Dharma Chakra entworfen und gebaut wurde. An ihren vier Eckpunkten
wurden vier größere Stupas errichtet. Mehr als 1.200 buddhistische Monumente in
verschiedenen Größen liegen innerhalb, so wie auch um Patan herum.
Es empfiehlt sich mit einem guten, handlichen Reiseführer
in eigener Sprache bestückt zu sein, wenn man etwas mehr über die einzelnen
Bauten, Klostereinrichtungen und ihre Geschichte wissen möchte.
In einer Gompa entdeckte ich eine Fotographie eines tibetischen Yogi, welche mich inspirierte.
Dies ist nur ein Ausschnitt von dem was wir in Kathmandu
alles erlebt und gesehen haben. Vieles mehr könnte noch erzählt werden, würde
aber dann den Umfang dieses Berichtes sprengen.
© Fotos
Beate Freihold